Schätze des Kreisarchivs

1. Notgeldscheine des Oberamtes Göppingen von 1923

Infolge der rasanten Geldentwertung druckte das württembergische Oberamt Göppingen ab August 1923 eigenes Notgeld. Den Beginn markierten 500 000- und 1 Million-Reichsmarkscheine – am Ende ging es in die Billionen, bis die Einführung der Rentenmark ab 1924 langsam wieder für eine Währungsstabilisierung sorgte. Im Januar wurde anhand einiger dieser Notgeldscheine auf das Inflations- und Krisenjahr 1923 zurückgeblickt.

1 Million Mark-Notgeldschein der Amtskörperschaft Göppingen von 1923 (Quelle: Kreisarchiv Göppingen)
1 Million Mark-Notgeldschein der Amtskörperschaft Göppingen von 1923 (Quelle: Kreisarchiv Göppingen)

Auch das württembergische Oberamt Göppingen litt 1922/1923 unter den Auswirkungen der Inflation, die aus der riskanten Finanzpolitik der Kriegsjahre hervorging. Die Hyperinflation, die gegen Herbst 1923 erreicht wurde, war eine direkte Folge der Rheinlandbesetzung durch französische und belgische Truppen.

Um Ausmaß und Geschwindigkeit der Inflation 1923 zu zeigen, seien hier einige Preisentwicklungen von Grundnahrungsmitteln aufgeführt:

Mitte August kostete das gängige „Hausbrot“ mit 930 Gramm noch 7500 Mark, am 8. Oktober schon 10 Millionen Mark. Für einen Liter Milch zahlte man am 30. Juli noch 8400 Mark, am 18. August dann 92 000 Mark und am 8. Oktober 17 Millionen Mark. Nicht nur Lebensmittelpreise erhöhten sich um das Vielfache, ebenso andere Alltagskosten wie Briefporto, Telefon oder das Bahnfahren. Am 17. August waren für die einfache Fahrt von Göppingen nach Stuttgart in der 4. Klasse 140 000 Mark fällig, am 1. September bereits 560 000 Mark. Zur Hochzeit der Inflation im Oktober und November änderten sich Preise, Gebühren und Steuern fast täglich und so florierte sogar über Zeitungsanzeigen das Tauschgeschäft mit Naturalien.

10 Millionen Mark-Notgeldschein der Amtskörperschaft Göppingen von 1923 (Quelle: Kreisarchiv Göppingen)
10 Millionen Mark-Notgeldschein der Amtskörperschaft Göppingen von 1923 (Quelle: Kreisarchiv Göppingen)

Aus Mangel an Zahlungsmitteln entschieden sich die Oberämter Göppingen und Geislingen im August 1923, selbst Notgeld zu drucken und über die Sparkassen auszugeben. Allein in der Stadt Geislingen wurden zwischen dem 4. Oktober und dem 14. November 1923 Notgeldscheine im Wert von 4 202 010 Milliarden Mark verteilt. Auf den Scheinen waren charakteristische Motive wie der Hohenstaufen, das Göppinger Schloss oder der Sauerbrunnen dargestellt.

Doch auch die regional begrenzten Notgelder halfen nicht, das rasante Tempo der Inflation zu bremsen, sie heizten diese sogar noch an. Gestoppt wurde die Inflation erst mit der Einführung der Rentenmark am 20. November 1923, das Verhältnis der neuen Rentenmark zur alten Mark betrug 1:1 Billion. Heute sind die teilweise grafisch schön gestalteten Banknoten beliebte Sammlerobjekte, wenn auch von überschaubarem finanziellen Wert.

2. Die alte Mühle in Schlat

Im Februar ermöglichten die Akten einen Blick auf die jahrhundertealte Geschichte Schlats und seiner Mühle.

Postkarte mit Ortsansicht von Schlat um 1909 (Bestand S 11 Nr. 5598)
Postkarte mit Ortsansicht von Schlat um 1909 (Bestand S 11 Nr. 5598)

Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren die Bewohner vieler Regionen durch den sogenannten „Mühlbann“ an eine nahegelegene Mühle gebunden und durften ihr Getreide nicht andernorts verarbeiten lassen.

1665 beklagte sich der Kleineislinger Müller darüber, dass die Einwohner von Schlat ihr Getreide nicht etwa bei ihm oder zumindest im württembergischen Inland, sondern bevorzugt im damals zur kurbayerisch/fürstenbergischen Herrschaft Wiesensteig gehörenden Reichenbach im Täle mahlen ließen und bestand auf ein Machtwort der Obrigkeit. Eine Anfrage bei der fürstlichen Kanzlei in Stuttgart brachte jedoch nicht das gewünschte Ergebnis, denn diese entschied wider Erwarten, dass „die von Schlatt nach ihrem Belieben mahlen mögen, wo sie wollen“. Als das Thema 1698 noch einmal zur Sprache kam, konnte sich der Reichenbacher Müller Jacob Pulvermüller auf die damalige Entscheidung berufen und dem Göppinger Vogt Johann Wilhelm Calisius ein Schriftstück vorlegen, das die Wahlfreiheit der Schlater bestätigte.

Werk- und Lageplan der Schlater Mühle, 1906 (Bestand E 7 Nr. 539)
Lage- und Werkplan der Schlater Mühle, 1906 (Bestand E 7 Nr. 539)

Einige Zeit später erhielt Schlat schließlich seine eigene Mühle, die sich offenbar großer Nachfrage erfreute. 1861 ließ Müller Marx Scheer sogar einen zweiten Mahlgang für das Getreide der Einwohnerschaft errichten. Bei einer Inspektion entstanden 1906 die gezeigten Pläne der damaligen Anlage. Diese sollte jedoch nicht mehr allzu lange überdauern. 1924 wurde der Betrieb eingestellt und mit der Beseitigung des Wasserrads und des veralteten Mühlwerks kam die Geschichte der Schlater Mühle 1929 zu einem Ende. Heute erinnert nur noch der „Mühleweg“ am südwestlichen Ortsrand daran, dass am Schlater Ortsbach einst eine Mühle stand.

3. Das Zunftwesen in Württemberg

Der März behandelte "Meister mit Brief und Siegel - Die Zünfte in Württemberg".

Meisterbrief des Georg Christian Schäfer von 1842 (Bestand S 18 Nr. 3)
Meisterbrief des Georg Christian Schäfer von 1842 (Bestand S 18 Nr. 3)

Um den Berufstand der Handwerker in einer Stadt zu stärken und gemeinsame Interessen zu wahren, schlossen sich Handwerksmeister desselben Gewerbes bereits im Mittelalter zu Vereinigungen, den sogenannten Zünften, zusammen. Sie regelten unter anderem die Ausbildung und kontrollierten die Löhne, aber auch die Anzahl der einzelnen Handwerker in einer Stadt. Als Folge der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnenden Industrialisierung wurde das Zunftrecht im Königreich Württemberg nach jahrhundertelangem Bestehen abgeschafft und 1862 die Gewerbefreiheit eingeführt. Heutzutage übernehmen Innungen und Handwerkskammern die Aufgaben der früheren Zünfte, für den Erhalt mancher Traditionen haben sich Vereine gebildet.
Was allerdings bis zur Gegenwart Bestand hat, sind die Entwicklungsstufen Lehrling – Geselle – Meister und somit auch der Meisterbrief. Die vorgedruckten Meisterbriefe sind Mitte des 19. Jahrhunderts im ganzen Königreich Württemberg ähnlich aufgebaut: Unter dem kunstvoll verzierten Schriftzug wird eine Stadtansicht der zuständigen Oberamtsstadt abgebildet. Im variabel formulierten Text werden dann der Name des neugeprüften Meisters und die jeweilige Zunft genannt. Der Brief wurde schließlich durch die Zunft und das Oberamt beglaubigt.

In den Beständen des Kreisarchivs befinden sich zwei Exemplare dieses Dokumententyps, weitere Unterlagen über die Zünfte lagern in den Stadtarchiven Göppingen und Geislingen.
Hier wird ein Meisterbrief aus Göppingen gezeigt, der am 16. April 1842 für den hiesigen Messerschmiedemeister Georg Christian Schäfer ausgestellt wurde. Im Schriftzug wurde das württembergische Wappen integriert, auf dem Kupferstich der Göppinger Stadtansicht von Süden sind die Stadtkirche, das Schloss, die Oberhofenkirche außerhalb der Stadt und im linken Vordergrund das Sauerbrunnenbad sowie im Hintergrund die Drei Kaiserberge gut zu erkennen. Die vier Unterschriften, drei der Zunftvertreter und eine des Oberamts, sind durch ein Papiersiegel der Messerschmiedezunft ergänzt.
Der Text, der alle für diese Zeit relevanten Daten enthält, lautet:
„Dem Georg Christian Schäfer, Sohn des Georg Schäfer Orgelmachers in Göppingen wird hiermit bezeugt, daß er sich über seine persönliche Befähigung zu selbstständiger Ausübung des Handwerks genügend ausgewiesen, und auf die durch das Gesetz vorgeschriebenen Weise das Meisterrecht bei der Meßerschmiede-Zunft erlangt habe.“

Kontakt

Dr. Stefan Lang Abteilungsleiter
Dr. Stefan Lang
Abteilungsleiter
Fax +49 7161 50318-19

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Michael Weidenbacher, M.A.
Kreisarchäologe

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